Wer bekommt was vom Buch?

Die wenigs­ten Autor*innen kön­nen von ihrem Hono­rar leben und die wenigs­ten Verleger*innen unab­hän­gi­ger Ver­la­ge von den Ver­käu­fen. Auch im Buch­han­del sieht es nicht gut aus; immer wie­der müs­sen Unter­neh­men und Ver­lags­aus­lie­fe­run­gen aus finan­zi­el­len Grün­den schlie­ßen.
War­um ist das so, dass mit dem Ver­kauf von Büchern sel­ten genug Geld in die Kas­se kommt, um Mie­te, Löh­ne etc. bezah­len zu kön­nen? Wie setzt sich so ein Ver­kaufs­preis genau zusam­men? Wir zei­gen, wer an der Ent­ste­hung und Her­stel­lung eines Buches mit­wirkt, wel­che Kos­ten dabei ent­ste­hen und wel­cher Anteil bei dem/der Autor*in, in der Buch­hand­lung und im Ver­lag landet.

Als Basis der Kal­ku­la­ti­on dient ein lite­ra­ri­scher Titel aus einem unab­hän­gi­gen Verlag.

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Er hat 240 Sei­ten und erscheint als Hard­co­ver im For­mat 13 × 20 cm in einer Auf­la­ge von 2.000 Exem­pla­ren. Das Buch wird aus hoch­wer­ti­gem, FSC-zer­ti­fi­zier­tem Papier her­ge­stellt, ist mit Lese­bänd­chen, far­bi­gem Vor­satz­pa­pier sowie einer Prä­gung auf dem Umschlag aus­ge­stat­tet und wird für 24 Euro angeboten.

In Deutsch­land und Öster­reich gel­ten fes­te Laden­prei­se, das heißt, ein bestimm­tes Buch kos­tet immer das­sel­be, egal wo man es kauft. Der Laden­preis wird vom Ver­lag fest­ge­legt. Der gebun­de­ne Laden­preis trägt dazu bei, allen Buch­hand­lun­gen (Laden­ge­schäf­ten wie auch dem Online­han­del, gro­ßen und klei­nen Unter­neh­men) glei­che Chan­cen auf dem Markt ein­zu­räu­men. Das ist nicht in allen Län­dern so, in der Schweiz etwa gibt es seit 2007 kei­ne Buch­preis­bin­dung mehr.

Die Umsatz­steu­er, auch bekannt als Mehr­wert­steu­er: In Deutsch­land gilt für Bücher der redu­zier­te Umsatz­steu­er­satz von 7%, weil Bücher als Kul­tur­gut »geis­ti­ge Nah­rung« sind. Von den 24 Euro wer­den 1,57 Euro an den Staat abge­führt; der Net­to-Laden­preis beträgt 22,43 Euro und ist z. B. Basis für die Berech­nung des Hono­rars für die Autor*innen. In Öster­reich beträgt die Umsatz­steu­er auf Bücher übri­gens 10%, in der Schweiz dage­gen nur 2,5%.

AUTOR*IN – 2,24 Euro

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Autor*innen bekom­men in Ver­lags­ver­trä­gen in der Regel zwi­schen 5 und 10 Pro­zent vom Nettoladenpreis.

Hier sind 10% des Net­to-Laden­prei­ses als Autor*innenhonorar ein­ge­rech­net. Das ist für eine bel­le­tris­ti­sche Ori­gi­nal­aus­ga­be im Hard­co­ver üblich, man­che Ver­la­ge staf­feln die Pro­zen­te aller­dings, z. B. 8% bis 5.000 Exem­pla­re, danach 10%. Bei Taschen­bü­chern ist es weni­ger: Als Hono­rar erhal­ten Autor*innen oft nur ca. 6 bis 7% Hono­rar des Net­to-Laden­prei­ses, der zudem nied­ri­ger ist. In der Regel erhal­ten Autor*innen bei Ver­trags­ab­schluss einen Vor­schuss auf alle aus dem Ver­trag spä­ter resul­tie­ren­den Honoraransprüche.

VERLAG – 2,81 Euro

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Der Ver­lag trägt das vol­le Risi­ko der Buch­pro­duk­ti­on: Noch bevor das Buch im Laden liegt, hat der Ver­lag bereits die Her­stel­lung (vom Satz über das Lek­to­rat, ggf. auch die Über­set­zung, bis hin zu Dru­cke­rei und Buch­bin­de­rei) und den Vor­schuss für den/die Autor*in bezahlt. Wur­den alle die­se Aus­ga­ben berück­sich­tigt, blei­ben dem Ver­lag von einem Buch, das 24 Euro kos­tet, noch 2,81 Euro. Davon müs­sen noch die Gemein­kos­ten des Ver­lags finan­ziert wer­den wie Löh­ne und Gehäl­ter, Mie­te und Neben­kos­ten, Por­to, Büro­ma­te­ria­li­en, Com­pu­ter, Tele­fon- und Inter­net­kos­ten sowie Ver­triebs- und Ver­kaufs­struk­tu­ren für die Bücher wie die Web­sei­te, Buch­mes­sen, Vor­schau­ka­ta­lo­ge, Buchhandelsvertreter*innen – also Men­schen, die in den Buch­hand­lun­gen die Bücher vor­stel­len und Bestel­lun­gen notie­ren –, und titel­spe­zi­fi­sche Kos­ten wie z. B. die Betreu­ung einer Lese­rei­se, etwa Boo­king, Fahrt­kos­ten und Unter­kunft. Unterm Strich wird es bei den Ver­la­gen daher schnell knapp: Oft ist es nicht mög­lich, dass sich über den Ver­kauf der Bücher eine schwar­ze Null errei­chen lässt. Des­halb ver­su­chen es vie­le Ver­la­ge mit einer Misch­kal­ku­la­ti­on: Dabei finan­ziert z.B. ein erfolg­rei­cher Roman einen nur sel­ten ver­kauf­ten Lyrik­band. Soweit die Theo­rie: man weiß lei­der nicht im Vor­aus, wie erfolg­reich ein Buch sein wird.

LEKTORAT & KORREKTORAT – 0,60 Euro

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Ein Buch zu lek­to­rie­ren, ist manch­mal ein gro­ßes Ver­gnü­gen – manch­mal aber auch sehr auf­wen­dig. Und im Kor­rek­to­rat kommt es aufs Detail an, des­halb wird das Kor­rek­to­rat in der Regel von jeman­dem über­nom­men, der den Text bis­her noch nicht gele­sen hat und einen fri­schen Blick hat.
Die Kos­ten für die­se bei­den Bereich fal­len ein­ma­lig bei der Her­stel­lung des Buches an. Wenn das Buch erfolg­reich ist und wei­te­re Auf­la­gen gedruckt wer­den, ent­ste­hen hier meist kei­ne wei­te­ren Kos­ten, außer bei über­ar­bei­te­ten Neu­aus­ga­ben. Oft wer­den Lek­to­rats- und Kor­rek­to­rats­auf­ga­ben in unab­hän­gi­gen Ver­la­gen selbst erle­digt, zuwei­len aber auch extern beauftragt.

GESTALTUNG & SATZ – 0,65 Euro

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Gera­de in den letz­ten Jah­ren legen vie­le Ver­la­ge ver­mehrt Wert auf eine hoch­wer­ti­ge, anspre­chen­de Gestal­tung ihrer Bücher – einer schö­ner Trend, der aber oft auch mit hohem Auf­wand ein­her­geht. Die Kos­ten für die­se bei­den Bereich fal­len ein­ma­lig bei der Her­stel­lung des Buches an. Wenn das Buch erfolg­reich ist und wei­te­re Auf­la­gen gedruckt wer­den, ent­ste­hen hier meist kei­ne wei­te­ren Kos­ten, außer bei über­ar­bei­te­ten Neu­aus­ga­ben. Oft wer­den die­se Auf­ga­ben im Ver­lag selbst erle­digt, zuwei­len aber auch extern beauftragt.

DRUCKEREI & BUCHBINDEREI – 3,69 Euro

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Kal­ku­liert sind die Her­stel­lungs­kos­ten einer Dru­cke­rei und Buch­bin­de­rei in Deutsch­land.
In Ost­eu­ro­pa oder Asi­en sind die Kos­ten oft gerin­ger. Wird auf beson­de­re Aus­stat­tungs­merk­ma­le – wie Lese­bänd­chen, Faden­hef­tung, beson­de­res Vor­satz­pa­pier und Prä­gung – ver­zich­tet, ergibt sich eben­falls ein etwas nied­ri­ge­rer Stück­preis. Bei den seit der Pan­de­mie ste­tig stei­gen­den Energie‑, Logis­tik- und Papier­prei­sen sind die Kos­ten in die­sem Bereich aller­dings schnell auch höher als hier ange­ge­ben. Und wenn eine klei­ne­re Auf­la­ge gedruckt wird, erhö­hen sich die Stück­preis­kos­ten eben­falls schnell.

VERTRIEB & LAGER – 1,20 Euro

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Die meis­ten Ver­la­ge beauf­tra­gen eine Ver­lags­aus­lie­fe­rung, also einen Dienst­leis­ter, mit der Lage­rung ihrer Bücher und der Bear­bei­tung der Bestel­lun­gen. Neben Gebüh­ren für Trans­port und Lage­rung der Titel erhal­ten die­se Unter­neh­men eine Pro­vi­si­on von ca. 5% des Laden­prei­ses. Wer­den bereits ver­kauf­te und bezahl­te Bücher wie­der zurück­ge­schickt – die Buch­hand­lun­gen haben gegen Bear­bei­tungs­ge­büh­ren oft ein Rück­ga­be­recht mit Erstat­tung des Ein­kaufs­prei­ses –, ent­ste­hen im Lager zusätz­li­che Kos­ten. Für Ver­la­ge heißt das, dass der wirt­schaft­li­che Erfolg eines Buches eigent­lich erst teils nach Jah­ren rich­tig ein­schätz­bar ist, näm­lich wenn damit zu rech­nen ist, dass ver­mut­lich nur noch weni­ge Exem­pla­re eines Buches zurück­ge­ge­ben wer­den. Somit trägt der Ver­lag das Risi­ko am längs­ten und umfassendsten.

Buchhandels-Verteter*innen, die eben­falls Teil des Ver­triebs sind, sind hier nicht ein­ge­rech­net, son­dern wer­den aus den Gemein­kos­ten des Ver­lags bezahlt (sie­he oben).

PRESSE & WERBUNG – 0,85 + 0,30 Euro

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Damit ein Buch bekannt wird, muss es bewor­ben wer­den – das funk­tio­niert zum einen über klas­si­sche Pres­se­ar­beit, also Bespre­chungs­exem­pla­re für Journalist*innen, die dann (hof­fent­lich) Rezen­sio­nen zu den Büchern ver­fas­sen und sie in ver­schie­de­nen Medi­en vor­stel­len: Print, Radio, Fern­se­hen, im Netz und den sozia­len Netz­wer­ken. Zum ande­ren schal­ten (vor allem grö­ße­re) Ver­la­ge Wer­bung, eher zu den Titeln, bei denen sie sich viel Reso­nanz erhof­fen. Hier ist das Bud­get nach oben offen – je nach­dem, wie­viel der Ver­lag inves­tiert. Klei­ne­re Ver­la­ge kön­nen in der Regel nur sehr wenig Geld in Wer­be­maß­nah­men ste­cken, des­halb haben wir hier nur 0,30 Euro pro Buch ein­ge­rech­net. Zusätz­lich ist hier auch die Pres­se­aus­sendung der Ver­lags­vor­schau an Medienvertrer*innen inbegriffen.

GROSSHANDEL – 2,24 Euro

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Bei den Buch­han­dels­ra­bat­ten ist zwi­schen dem Groß­han­del (dem soge­nann­ten »Zwi­schen­buch­han­del« oder »Bar­sor­ti­ment«) und dem Ein­zel­han­del, also der ein­zel­nen Buch­hand­lung, zu unter­schei­den. Der Groß­han­del erhält bei lite­ra­ri­schen Titeln, bei Sach­bü­chern und Kin­der­bü­chern in der Regel 50% Rabatt auf den Laden­preis – dafür lie­fert er flä­chen­de­ckend und umge­hend an alle Buch­hand­lun­gen, und das oft über Nacht – ein welt­weit ziem­lich ein­zig­ar­ti­ger Ser­vice. Die ein­zel­nen Buch­hand­lun­gen wie­der­um bekom­men vom Zwi­schen­buch­han­del eben­falls Rabatt, in der Regel zwi­schen 30 und 40% des Laden­prei­ses. In unse­rer Bei­spiel­kal­ku­la­ti­on ist ein durch­schnitt­li­cher Han­dels­ra­batt von 45% zu Grun­de gelegt, da gera­de klei­ne­re Ver­la­ge mit ihren Büchern den meis­ten Umsatz nicht direkt über die Buch­hand­lun­gen, son­dern über den Groß­han­del gene­rie­ren, der u. a. auch den Online­han­del beliefert.

BUCHHANDLUNG – 7,85 Euro

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Der Ein­zel­han­del, also die Buch­hand­lun­gen wie­der­um bekom­men wie eben schon erwähnt also vom Groß­han­del eben­falls Rabatt, in der Regel zwi­schen 30 und 40% des Laden­prei­ses. Davon müs­sen sie Per­so­nal, Mie­te und Neben­kos­ten, EC-Gebüh­ren, ggf. Bei­trä­ge für den Bör­sen­ver­ein des Deut­schen Buch­han­dels, Soft­ware, Dienst­leis­tungs­ge­büh­ren, Schu­lun­gen oder Mes­se­teil­nah­men, Ver­an­stal­tungs­ho­no­ra­re, evtl. ein Auto oder Las­ten­fahr­rad usw. finan­zie­ren.
Für vie­le Buch­hand­lun­gen bleibt daher von den Ein­nah­men am Buch­ver­kauf nicht viel übrig. Man­che bie­ten auch des­we­gen noch Arti­kel wie Kaf­fee, Wein oder Schreib­wa­ren an.
Es besteht für Buch­hand­lun­gen auch die Mög­lich­keit, direkt bei den Ver­la­gen bzw. deren Aus­lie­fe­rungs­dienst­leis­tern zu bestel­len. Jede zusätz­li­che Bestel­lung bedeu­tet zwar erhöh­ten Auf­wand und somit Kos­ten, und die Lie­fe­rung dau­ert län­ger, die Buch­hand­lun­gen erhal­ten aber auch mehr Rabatt, z. B. 40% – und umge­kehrt ist auch die Ein­nah­me des Ver­la­ges höher als bei einem Ver­kauf an den Großhandel.

Eine Initia­ti­ve der Kurt Wolff Stif­tung, Gestal­tung: Gol­den Cos­mos / @goldencosmos.