Wie seit Jahren ist der Vorstand der NLGR auf der Buchmesse von Leipzig auf der Suche nach neuen jungen Autorinnen und Autoren, die sie dem Recklinghäuser Publikum präsentieren wollen:
Shida Bazyar und Simone Lappert sind nur zwei Beispiele.
Auch in diesem Jahr waren drei Vorstandsmitglieder auf der Messe, die nun, nach der Pandemie, wieder im fast alten Umfang stattgefunden hat. Wir waren eingeladen zur feierlichen Eröffnung der Messe, auf der nicht nur der BM von Leipzig Edgar Jung, der Ministerpräsident Kretschmer, die Staatsministerin für Kultur, Claudia Roth, sondern auch van der Bellen, der österreichische Bundespräsident, geredet haben. Die Preisverleihung des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung erfolgte an die jüdisch-russische Autorin Maria Stepanova am Eröffnungsabend vor 1800 geladenen Gästen, begleitet vom Gewandhausorchester Leipzig unter dem über 90jährigen Herbert Blomstedt, der die 6. Sinfonie von Franz Schubert dirigierte. Alles in allem eine sehr feierliche Zeremonie, die eine würdige Einleitung zum trubeligen Messegeschehen am nächsten Tag darstellte.
Auch Claudia Roth hat unser Vorstandsmitglied Gerda Ö., die sich aus alten Tagen der Arbeit im Kulturbetrieb noch kennen, ganz herzlich begrüßt.
Am nächsten Tag erfolgte die Vorstellung der fünf für den Leipziger Buchpreis für Belletristik nominierten Autor:innen. Und schon nach den jeweils knappen Leseausschnitten und einem kurzen Gespräch mit den ModeratorInnen war uns übereinstimmend klar, dass es nur einer sein konnte: Dinçer Güçyeter, der Autor aus Nettetal mit seinem natürlichen Charme und trockenem Witz.
Noch bevor seine Wahl zum Preisträger am Nachmittag bekanntgegeben wurde, hatten wir ihn zu einer Lesung bei uns in Recklinghausen eingeladen. Das hat er gerne zugesagt und dann haben wir das bei seiner Frau an seinem Verlag, dem Elif-Verlag, nochmal festgemacht.
Güçyeter, Sohn von Türkeimigranten, Mechaniker und Gabelstaplerfahrer, schreibt schon lange eine hervorragende Lyrik und hat nun seinen ersten Roman vorgestellt, „Unser Deutschlandmärchen“, mit dem er gleich den Preis der Buchmesse bekommen hat. Natürlich haben wir herzlich gratuliert.
Und nun hat er es, der dann sofort nach Österreich eingeladen war und dann auf Island weilte, geschafft, uns einen Termin noch vor den Sommerferien und nach den Ruhrfestspielen zu vermitteln. Zu verdanken haben wir diesen Auftritt einer Förderung durch „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Mediendurch den Literaturfonds e.V., eben jener Claudia Roth!
Der Verlag schreibt:
Unser Deutschlandmärchen ist eine Familiengeschichte in vielen Stimmen. Frauen mehrerer Generationen und der in Almanya geborene Sohn erinnern sich in poetischen, oft mythischen, kräftigen Bildern und in Monologen, Dialogen, Träumen, Gebeten, Chören. Dinçer Güçyeter erzählt vom Schicksal türkischer Griechen, von archaischer Verwurzelung in anatolischem Leben und von der Herausforderung, als Gastarbeiterin und als deren Nachkomme in Deutschland ein neues Leben zu beginnen.
Um seine literarische Qualität zu würdigen, sei ein Auszug aus der Jury-Belobigung zitiert:
„Traditionell wie innovativ queer erzählt, reißt einen diese Einwanderergeschichte mit ihrer Emotionalität und großen politischen Bedeutung von Anfang an mit. Der Roman blickt auf deutsche und europäische Verhältnisse, lässt die Worte zum Himmel fliegen, spart aber gleichzeitig die Demütigungen am Boden nicht aus. Dinçer Güçyeter fängt Geschichten mit einem Netz ein, das feiner gewebt ist als ein Schmetterlingskescher, kann schmerzliche Momente in komische verwandeln und hat uns mit „Unser Deutschlandmärchen“ einen mehrstimmigen Roman geschenkt, dessen poetischer Chor noch weiterklingen wird.“
Das Projekt wurde gefördert im Rahmen von „Neustart Kultur” der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch den Deutschen Literaturfonds e. V.
Und auch die Presse feiert seine Leistung:
„Eine Literatur der Klasse L. Dinçer Güçyeter, Gabelstaplerfahrer, Kind anatolischer Einwanderer, hat einen großartigen Roman über Herkunft und Familie geschrieben.“
Ronald Düker, Die Zeit
„Fabelhafter Roman.“
Paul Jandl, NZZ
„Nun ist es ihm gelungen, aus Fatmas Schweigen, das sie mit so vielen Frauen und Männern ihrer Generation teilt, großartige Literatur zu machen. Man muss dieses eigenwillige, raue Buch unbedingt lesen.“
Karen Krüger, Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Das Buch gehört gewiss zu denen, die uns länger als nur eine Saison beschäftigen werden.“
Jörg Schieke, MDR Kultur
„Dieser Autor ist wie vom Himmel gefallen, eben dieser Roman auch.“
Hubert Winkels, 3sat/Kulturzeit
„Die überzeugende Kraft und Schönheit seiner dichterischen Arbeit ist dem Ethos der handwerklichen abgemessen: der Fertigkeit, ‚Rohmaterial mit dem richtigen Werkzeug zu bearbeiten und anzupassen‘. Auf der einen Seite das ästhetische Erlebnis der Übereinstimmung von Form und Inhalt, auf der anderen Seite der existenzielle Prozess, einer Lebensgeschichte die Würde und Bedeutung zu geben, die sie verdient. Mittendrin stehen der Dichter und seine Mutter.“
Stefan Kister, Stuttgarter Zeitung
Online-Reservierungen sind ab sofort möglich, der Ticketverkauf von Ort in den genannten Recklinghäuser Buchhandlungen startet voraussichtlich am 30.5.2023.